Ein Mitarbeiter der Firma ASML in Veldhoven arbeitet in einem Cleanroom an einem Werkstück
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ASML: Eine Firma zwischen den Fronten des Chip-Krieges

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ASML: Eine Firma zwischen den Fronten des Chip-Krieges

Die niederländische Firma ASML stellt Maschinen zur Produktion von modernen Chips her wie sonst niemand auf der Welt. Jedoch darf ASML auf Druck der USA nicht mehr nach China liefern. Es geht um wirtschaftliche Interessen – aber auch um militärische.

Bei ASML ist sogar die Kantine anders: kein Raum, sondern ein weitläufiger überdachter Marktplatz mit Restaurants, die asiatische, italienische und holländische Küche anbieten. Schließlich sollen sich hier 20.000 Beschäftigte aus 120 Nationen wohlfühlen.

Und bald noch mehr: Das Unternehmen in Eindhoven im Südosten der Niederlande hat sich in den 1980er Jahren aus dem Elektronik-Konzern Philipps entwickelt. Es gleicht schon jetzt einer kleinen Stadt mit weißen Gebäudekomplexen für Fertigung und Büros und wächst weiter: An mehreren Stellen auf dem Firmengelände wird gebaut.

Quasi-Monopol für Chip-Maschinen

Der Marktwert des Unternehmens hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verzehnfacht. Denn was ASML herstellt, kann sonst niemand: Maschinen, die mithilfe von Licht mikroskopisch kleine, supermoderne Chips produzieren. Die braucht man für Smartphones, Autos, Kühlschränke. Und für alles, was Künstliche Intelligenz künftig leisten soll.

Der Physiker und für Technologie zuständige ASML-Vizedirektor Jos Benschop spricht von einer "Nano-Kopiermaschine". Denn die neueste Version erzeuge Strukturen in der Größe von acht Nanometern - 2.000 Mal dünner als ein menschliches Haar.

Ultraviolettes Licht wie aus dem All

Die bei ASML entwickelten Geräte werfen den Bauplan eines Schaltkreises auf eine Siliziumscheibe (Wafer), um daraus Transistoren zu machen. Um die Strukturen weiter zu verkleinern, verkürzen die Fachleute die Wellenlänge des verwendeten Lichts - von deep ultraviolet (DUV) zu extreme ultraviolet (EUV): Licht, das im Weltall vorkommt.

Um es künstlich zu erzeugen, schießt ein starker Laser in einem Vakuum auf ein haardünnes Tröpfchen Zinn, das zu Plasma zerplatzt. Die entstehende Strahlung wird mithilfe von sechs Spiegeln gebündelt und durch eine Schablone auf den Untergrund gelenkt. Dabei ist nach den Worten von ASML-Vizedirektor Benschop absolute Präzision nötig: "Wenn einer dieser Spiegel so groß wäre wie Deutschland, dürfte die maximale Höhenabweichung weniger als einen Millimeter betragen."

Deutsche Unternehmen liefern zu

Die Spiegel stammen von Carl Zeiss, die Laser von Trumpf aus Süddeutschland. Physiker Benschop verweist auf den IT-Pionier Gordon Moore, der vor 60 Jahren voraussagte, dass Computerschaltkreise exponentiell kleiner werden: Alle zwei Jahre verdoppelt sich demnach die Zahl der in einem Computerchip verbauten Transistoren.

In der Rückschau hat Moore nach Benschops Worten aber festgestellt, dass Größe nicht alles ist – und auch nicht die stetige Verkleinerung. Auch intelligentes Chip-Design zählt - etwa, um Energie zu sparen. Nicht die Physik setzt uns Grenzen, sagt Benschop: "Früher war alles einfach: Wenn man die Dinge kleiner macht, werden sie billiger, schneller und grüner. Schneller sind sie schon lange nicht mehr. Aber billiger muss es noch werden: Wie viel zahlt man für so einen Chip, wie viel Wert bringt der Chip und was kostet der Chip?"

Nachbauen? Unmöglich

ASML fertigt Geräte, die alle Welt braucht und die die Konkurrenz in Asien und den USA nicht nachbauen kann - davon ist Benschop überzeugt: "Man kann das Ding auseinandernehmen, aber man bekommt es nie mehr zum Laufen."

Für die fortschrittlichsten Systeme, die mit der EUV-Technik arbeiten, hat ASML nach Angaben von Unternehmenssprecherin Monique Mols weltweit nur eine Handvoll Kunden: "Die, die darüber verfügen oder sie bestellt haben, sitzen in Japan, Südkorea, den USA und Taiwan. Wir dürfen EUV nicht nach China schicken, also tun wir es auch nicht. Das haben wir noch nie gemacht." Auch andere Maschinen darf ASML nicht mehr in die Volksrepublik, den zweitwichtigsten Markt, liefern und schon dorthin verkaufte Anlagen nicht länger warten.

Im Brennpunkt der Geopolitik

Die niederländische Regierung hat im vergangenen Jahr auf Druck der USA Beschränkungen verhängt. Im Januar 2023 erklärte Premier Mark Rutte bei einem Washington-Besuch: "Es geht um sehr wichtige Interessen, nämlich darum, wie wir als westliche Welt sicher bleiben und unseren technologischen Vorsprung wahren können. Das liegt im niederländischen Interesse und im Interesse der Unternehmen und wir als Regierung müssen das in einem guten Gleichgewicht halten."

ASML wird gewissermaßen vom eigenen Erfolg eingeholt und durch seine technologischen Errungenschaften in den Chipkrieg zwischen Peking und Washington hineingezogen. Denn die US-Regierung sucht in Europa Verbündete für ihre Kampagne gegen Peking. Die hat zum Ziel, Chinas Fähigkeit zur Herstellung eigener Super-Chips einzugrenzen und damit auch dessen militärische Fortschritte zu bremsen. Nach Angaben von ASML haben die Beschränkungen keine deutlichen Auswirkungen auf künftige Umsatzzahlen.

Im Video: Neue Technik zwischen Smartphone und Chip im Hirn

Neue Technik: Zwischen Smartphone und Chip im Hirn
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