Bayern 2 Salon Franziska Gänsler: Wie Inseln im Licht

Ein unwiederbringlicher Verlust - und ein großes Rätsel
Zoey fährt an die Atlantikküste. Sie will dort die Asche der Mutter verstreuen. Und sucht nach ihrer kleinen Schwester. Franziska Gänsler im Gespräch über ihren Roman "Wie Inseln im Licht", dazu eine Lesung mit Maeve Metelka.

"Ich erinnere mich nicht daran, wie Oda und ich flohen, wie wir durch den Wald rannten. Ich weiß nur, dass ich danach neben ihr auf der Matratze lag und sie festhielt, wie mein Herz schlug, wie warm alles war. Dass sie zitterte, dass sie noch immer das Kleid der Mutter trug, dass der Stoff unter der Bettdecke, in meiner Umarmung, knisterte. Das ist die letzte Erinnerung, die ich an Oda habe."

Vor vier Tagen ist Zoeys Mutter gestorben, mit gerade 44 Jahren. Die Tochter, Mitte 20, ist nach Frankreich gefahren. Dort, am Atlantik, will sie Abschied nehmen und ebenso etwas Ruhe finden. Gleichzeitig wird die Reise just an diesen Ort zum Beginn einer lange ausstehenden Suche. Zoey lebte dort eine Zeitlang in den Kindertagen, auf einem Campingplatz, zusammen mit ihrer Mutter und der jüngeren Schwester Oda. Bis Oda eines Abends verschwand, für immer. Der Verlust wird für die Familie zur existentiellen Zäsur, unter anderem auch für den Weg der Mutter in die Krankheit und zum Tod. Franziska Gänsler erzählt in ihrem Roman "Wie Inseln im Licht" von unbewältigter Vergangenheit und ihren Folgen. Zugleich von einer beständigen Hoffnung.

Die Schriftstellerin - geboren 1987 in Augsburg und heute dort zu Hause - spielt geschickt mit verschiedenen literarischen Genres. Lange scheint es, als habe sie einen Kriminalroman über das ungeklärte Verschwinden eines Kindes geschrieben. Doch das ist nur eine von vielen Spuren. "Im Lauf des Romans erinnert sich Zoey an verschiedene Weisen, mit dem Verlust umzugehen", erzählt Franziska Gänsler im Interview. "Sie hat zeitweise gedacht: ‘Die Schwester gab es gar nicht. Habe ich mir diese nur eingebildet?‘ Aber dann gibt es verschiedene Beweise, dass es diese Schwester gab. Dann muss sie sich erklären, warum wurde nie nach ihr gesucht? Warum hat die Mutter nie Fragen beantwortet?"

Die Schauspielerin Maeve Metelka liest in der Regie von Irene Schuck ein Kapitel aus "Wie Inseln im Licht". Der Roman ist bei Kein & Aber erschienen. Mit dessen freundlicher Genehmigung sind Lesung und Gespräch zu finden im Bayern 2 Podcast "Buchgefühl - reden und lesen". Redaktion und Moderation: Niels Beintker.